Segelyacht Stenella

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Vela Luka- Šćedro: wie macht man Ankersalat „polnisch“ an?

- September 20, 2012

Morgens wollte ich um 07.30 raus und habe verschlafen. Das ist blöd, weil es heute NW geben soll ab 10.00, klar, nachdem wir den Bug wieder nordwärts drehen, tut uns der Wind nicht den Gefällen, weiter aus dem 2. oder 3. Quadranten zu blasen. So wollte ichrechtzeitig um die Nordspitze Korčulas herum sein und dann einen Anlieger nach NÖ wählen. Naja … würden jetzt Werner und Elke vom gleichnamigen Schiff sagen …also geht es schon gleich zur Sache und Gegenangriff. der Wind Leg auch am Kap dann nochmal auf über 20kn zu undmein zwischenzeitlicher Plan, Vis anzulaufen verwerfe ich auch und wir steuern Šćedro an. Der anschließende Halbwindgang wird dann richtig entspannend und beschert uns Speedsegeln vom Feinsten. In etwas mehr als einer Stunde nach der Wende haben wir die Nordbucht der Insel erreicht. Der Himmel ist jetzt wieder azurblau, in der Bucht tummeln sich zwei Dutzend Yachten, teilweise auch richtig große Pötte. Wir finden ein sicheres Plätzchen. Der Anker fällt im Scheitel zwischen den beiden Fingern westlich hinten in der Bucht. Es ist dort immer noch 12 Meter tief, aber ich habe ja jede Menge Kette. Anschließend machen wir uns am Ufer mit Achterleine fest, weil der Wind abends nach N bis NO drehen soll, dann ist es besser, eine Landverbindung zusätzlich zu haben. Ich achte auch darauf, dass in Lee niemand liegt, damit, falls doch etwas passiert, wir nicht auf einen Nachbarn drauf driften. So gehen wir den Nachmittag ruhig an, bis sich ein Charterboot, 35ft., polnische Flagge mit Skipper und 6! Mann Crew nähert und keine 30 Meter vor uns ihr Eisen ins Wasser fallen lässt. Auf mein heftiges Gestikulieren wird zunächst nicht reagiert. Erst, als ich wirklich unangenehm werde, ziehen die den Anker wieder hoch, aber da ist es schon geschehen: sie holen meine Kette mit hoch, mein Anker bricht aus, ich kann gerade noch die Landleinen losmachen und den Anker einsammeln. inzwischen haben sich die Polen aber auf meinem alten Platz häuslich niedergelassen. so viel Unverfrorenheit habe ich noch selten erlebt. normalerweise bin ich da immer der „Klügere“, aber hier muss ich um meinen Rechten bestehen und nehme den Platz brutal in Anspruch. inzwischen sind noch andere gekommen und füllen die Bucht noch mehr, der Rest der Ankerlieger sieht sich das gebotene Schauspiel aus der Nähe an. Nach weiteren 20 Minuten ist der Pole weiter nach innen in die Bucht verschwunden, hat aber vorher noch per schwimmenden Crewmitgliedern seine Landleinen eingesammelt. sie sind mir ca. 5 Meter quasi „todesmutig“ oder komplett ahnungslos vor meinem Bug herum geschwommen um ihr Schiff zu erreichen, das inzwischen Fahrt aufgenommen hatte. Daniel brüllt noch „Pass uff, ein Pole schwimmt direkt vor dem Bug, ich ertappe mich dabei, zurück zu brüllen “ das ist mir jetzt sch….egal“ . Etliche Versuche später, der Anker will einfach nicht mehr richtig halten, Grabe ich ihn endlich so ein, dass er ordentlich zu halten kommt. Die Kette geht gut stramm, wir können es nun wieder ruhig angehen, nehmen die Landleinen nieder an Bord und alles scheint gut.
Von dem Polen,Moder mir vorhin noch einen Wodka ausgeben wollte, ist nichts mehr zu sehen. Kein Wort der Entschuldigung, kein Spruch oder wenigstens eine nette Geste….meine Crew meint, dem Skipper ist wohl garnichts peinlich…. Wir gehen essen in der linken Kneipe, die tagsüber noch einige Ausflugsboote beherbergt und verköstigt hatte. Gegen 21.00 mit dem letzten Lichtschein gehen wir wieder langsam an Bord.

Um 23.30 frischt es plötzlich auf, mehrere Böen von 20-25kn packen Stenella aus Norden. Wir liegen seitlich zu dieser Richtung, mit Landleine, was nun den Druck auf den Anker noch erhobt. Ich Rufe Daniel an Deck, um die Lage zu besprechen. Eigentlich müssten wir die Landverbindung trennen, damit sich Stenela wieder in den Wind legen kann. Aber das haut ja nun nicht mehr hin, weil sich jede Menge anderer Ankerlieger an meine jetzige Leeseite gesellt haben. Und ein Hauruck- Manöver, nur als Vorsichtsmaßnahme will ich ohne Not noch nicht machen.
Diese Entscheidung wird uns gg. 12.00 abgenommen. Der Anker scheint auf Driftzu gehen, jedenfalls kommt eine der beiden Landleinen ziemlich lose und wir treiben gefährlich nah ans Ufer. Als Stenella noch 2 Meter vom Felsen entfernt ist- Daniel hat versucht, seit 20 Minuten den Zweitanker mit dem Beiboot auszubringen, was aber zeitlich nicht mehr gelang- Kappe ich die zweite Landleine, die wie eine Darmseite vom Bogen auf die Felsezu saust, gebe voll voraus und bin gerade noch aus der Legerwallfalle entronnen. Daniel hole ich an Bord, er setzt das Schlaucherl am Heck fest zieht die Kette ein (inzwischen stellen wir fest, dass der Bügelanker sich sogar wieder eingegraben hatte) gehen ankerauf und verlassen die Bucht bei Nacht und Starkwind. Zum Glück aus N, da ist zwar das hohe Gebirge von Hvar, das zwar Fallböen produziert, aber es kann sich kein Seegang aufbauen. Wir haben ja das Schlauchboot mit 50 Meter Kette und dem Zweitanker noch im Schlepp, anstatt an den Davids. Wir tuckern mit 3-4 kn kleiner Fahrt Richtung Hvar. Mein Plan ist, dort im Hafenbecken, das bei diesem Wind gut geschützt ist, erstmal den Tender zu klarieren, damit wir danach weiter nach W fahren können.
Als wir Lt. Hvar erreicht haben, schläft der Wind so schnell ein, wie er gekommen ist. Es ist ca. 03.30.
Ich könnte mich in den H…. beißen, dass ich ein weiteres Mal nicht doch meinem Gefühl und guter Seemannschaft gefolgt bin und die Bucht schon nachmittags verlassen habe, sondern geblieben bin. Klar, draußen hatte es schon ordentlich gekachelt, wenn auch aus SWW, aber das Theater abends hatte ich ja im Wetterbericht kommen sehen! Wenn mir dann andere „Sportsmänner“ den Raum zum Schwojen nehmen während ich offensichtlich ein Notmanöver Fähre, weil mir ein Depp den Anker aufgeholt hat, dann gibt es nur eine einzige Reaktion: aufgeben und abhauen, auch wenn’s noch so schwer fällt. Ich muss NOCH ruhiger werden…..
Verlust: eine schwere 60m. Ankertrosse, die wir als Landleine ausgebracht hatten, blieb nun auf Šćedro. Ich hatte sie mindestens seit 15 Jahren und schon auf der kleinen Rassy 34 als Leine für den Notanker immer parat. Irgendwie tun solche Verluste mehr weh, wenn es sich um lieb gewordene Ausrüstungsdetails handelt, die seit vielen Jahren von Schiff zu Schiff mit wandern..

Im Hafenbecken von Hvar konnten wir in aller Ruhe bei Windstille und wenig Verkehr das Beiboot klarieren, die Kette und den Anker wieder verstauen und dann unsere Fahrt in Richtung W fortsetzen. Wir entschieden uns, dann wenigstens diesmal Vis mitzunehmen.

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1 responses to “Vela Luka- Šćedro: wie macht man Ankersalat „polnisch“ an?

  1. Hallo, Skipper
    Hast ja viel erlebt. Habe Deine “ Wetterfrage “ im TO Forum gelesen. Wie war DEIN Wetter-Eindruck in dieser Saison? Mein Schiff „ARION“ 16 t Stahlketsch Langkieler, Colin Archer Typ, liegt nun auf Samos/Gr. an Land im Winterlager. Tolle Werft und fairer Service, Preise.
    2013 sind wir durch die Kykladen gesegelt, getuckert. Wollten nach Süden, was mit dem normalen N/O Wind möglich sein sollte. NUR- der kam den ganzen Sommer nicht! S/W hat bis auf wenige Ausnahmetage, heftig geweht. Segelsaison 2014 ist aus priv.berufl.Gründen leider ausgefallen. Die globale Erwärmung ist somit angekommen. Übrigens- der MM Wasserstand ist nach meinen Beobachtungen, sicher um 10 cm gestiegen!
    Ich wünsche Euch immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel und viel Glück!
    Skipper Mike

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